Dienstag, 20. September 2011

Parete di Larecchia - Insonnia


Mit 17 Seillängen und Schwierigkeiten bis 7b+ und A3 erwartet uns im Val Bavona ganz grosses Kino. Für die Hinreise ins Tessin und den Transport des Materials an den Wandfuss benötigen wir den ganzen ersten Tag. Da wir Material für drei Tage in die Wand mitzunehmen beabsichtigen, müssen wir zweimal vom Dorf Fontana an die Wand laufen. Nach einem Besuch des gemütlichen Grottos steigen wir das erste Mal zum Wandfuss auf und klettern die ersten zwei Längen und fixieren die Seile zum Jümaren. Am Abend sind wir geprägt von den vielen Dornen im Zustieg und wir gönnen uns ein delikates Znacht im Grotto im Dorf.




Wieder am Wandfuss angelangt heisst es am anderen Morgen zuerst an den fixierten Seilen aufzusteigen. Zwei der vier weiteren Seillängen, die wir an diesem Tag noch klettern, bestehen aus einer Kombination von technischer und freier Kletterei. Nach der ersten 7b-Länge, macht sich Reto an die 6c/A3-Länge, auf ihn wartet also die schwierigste Technolänge der Route. Nachdem er die ersten 10m (6c-Teil) geklettert, gebe ich ihm den Hammer, Haken, Pecker und Fucking-Copperheads hinauf und dann hämmert er sich mit konstantem Tempo den Techno-Teil hinauf bis zum Stand. Nach einer weiteren Länge komme ich an die 7a+/A2+. Schon im 7a+-Teil bin ich arg am Technoklettern, immerhin noch ohne Strickleitern :). Dann folgt eine feine Rissspur - vielleicht ca. 7 sieben Meter - die zum Stand führt. Es ist nicht ganz einfach die besten Stellen für die Messerhaken zu finden und nicht alle lassen sich optimal einschlagen aber ich sage mir, Messerhaken sind ja eh überdimensioniert im Vergleich zu Rurps oder Copperheads. Also weiter und bald bin ich am Stand angekommen. Schon ist Abend und wir spannen das Portaledge auf und machen es uns darauf gemütlich und ja, ein 1-Portaledge reicht für 2 Personen.






Am nächsten Tag macht mir vor allem die 7b+-Länge zu schaffen. Sie besteht aus einem ca. 25 Meter langem Riss mit der Breite eines 2er-Camalots. Da wir nur zwei 2er-Camalots dabei haben, kann ich die zwei Bohrhaken nach zehn, resp. zwanzig Metern gut gebrauchen um die Friends darunter jeweils wieder auszuräumen. Mein Freikletterambitionen schwinden schon beim blossen Anblick des Risses dahin und ich mache aus der der Länge deshalb ein C1-Länge. Das dauert zwar seine Zeit aber immerhin erreiche ich so den nächsten Stand. Hier befindet sich ein genial schöner Biwakplatz für eine bis zwei Personen auf einem Grasband mit grandiosem Tiefblick auf das Tal. Wir gehen dann aber noch weiter, damit wir am dritten Tag nur noch 5 Längen klettern müssen. Es folgt eine weitere , sehr fotogene, C1-Länge für Reto, die er wiederum ziemlich schnell meistert. Zwei Seillängen weiter oben biwakieren auf dem Portaledge, resp. auf einem Grasband. Am letzten Tag folgt die grösste verbleibende Schwierigkeit in der zweitletzten Seillänge, wo noch einmal ordentlich ins ganze Friendsortiment gehangen und gestanden werden darf. Und dann wäre da noch das Dach der letzten Länge.. einfach nur mühsam (insbesondere auch für den Nachsteiger)!
Der Abstieg folgt dem eigentlich sehr schönen Sentiero zurück nach Fontana, mit den Haulbags war es halt ein bisschen weniger schön und für die Pouletburg in Attinghausen war es auch schon zu spät...
VIVA JIM BRIDWELL!!



















































Dienstag, 13. September 2011

Mucha Gehedder in Muja Hedder

Mich und Bigwall-Master Reto zog es für ein paar Tage ins Urnerland um dem Techno-Klettern zu frönen. Als geeignetes Objekt der Begierde wählten wir die Route Muja Hedder im Voralptal aus, 7 Seillängen bis A2+ schienen uns gerade richtig (ein Topo findet man hier: http://alpen.sac-cas.ch/de/archiv/2001/200103/ad_2001_03_20.pdf) um unsere Kenntnisse der entsprechenden Technik ein wenig zu verfeinern.

Die Route vereinzelt mit Bohrhaken ausgerüstet, was je nach dem eine gute Medizin gegen das Nervenflattern beim Testen von zweifelhaft erscheinenden Pecker-Placements ist. In der ersten Seillänge muss man gleich alle Register ziehen, um einen solchen zu erreichen. Sowohl Messerhaken als Peckers werden reichlich geschlagen, nach dem Bohrhaken ist es dann aber nicht mehr weit zum Stand. Reto leistet ganze Arbeit und erreichte nach knapp einer Stunde den ersten Stand. Da wir erst am späten Nachmittag mit Klettern begonnen haben, begnügen wir uns damit und biwakieren wieder unter der Wand. Am zweiten Tag bin ich mit der 2. Länge dran, nachdem wir die erste Länge raufgejümart sind und den Haulbag nachgezogen haben. Ein kurzer Pendelquergang an einem Bohrhaken führt zu einem fixen Copperhead in einem feinen Riss. Ein paar Haken, ein paar Peckers und zwei Bolts später hab ich Stand. Dem Einrichten des Standes schenke ich zuwenig Aufmerksamkeit und spätestens nach dem Jümar- und  vor allem nach dem Haulprozedere entsteht wieder einmal ein Mucha Gehedder der vielen Seile  und des vielen Materials. Murphy's Law lässt sich leicht abgegeändert auch auf das Bigwall-Klettern übertragen: Alles was sich irgendwie verheddern kann, verheddert sich auch. Nach dem Entwirren geht Reto die dritte Länge an. Gleich zu Beginn dieser Seillänge muss man schon delikate Placements setzen und dann folgt eine nicht ganz senkrechte Knallerplatte, die es an Rivets (Bohrhakendübel) und 6mm-Bohrhakenlöchern zu überwinden gilt. Am Anfang der Platte steckt wiederum ein fixer Copperhead, dann setzt Reto zwei Haken, die sich mehr schlecht als recht in den Riss schlagen lassen, weil er zu wenig tief ist. Mit einer Schlinge zwecks Lastausgleich verbunden, halten die Haken aber im Minimum das Körpergewicht. Vorsichtig lasse ich Reto daran wieder zum Stand runter, um das weitere Vorgehen zu besprechen, wie wir diese anspruchsvolle Platte klettern wollen. Ich versuche anschliessend mein Glück - mit einer Rolle Tape im Gepäck. Zuerst steige ich die Placements von Reto bis zu den Haken hoch. Dort mache ich eine Zwischensicherung mit einem Shock-Absorber, da ich keine blasse Ahnung habe, wieviel diese Haken im Sturzfall halten würden und nachher über die Platte wohl nur Placements folgen, an denen man normalerweise nicht einmal eine Wurst aufhängen würde. Doch alles nur halb so schlimm, die Rivets lassen sich mit Klemmkeilen vernünftig abklemmen. Da ich noch nicht allzu grosses Vertrauen in eine solches Placement besitze, kommt jeweils noch eine dicke Schicht Tape über die Bohrhaken-Dübel, das wirkt dann jeweils schon nur deshalb nervenschonend für mich, da ich nicht mehr sehen muss, an was ich mich da rübertechen muss. Das grosse Vergnügen kommt nach den ersten beiden Rivets: zwei 6mm-Löcher jeweils knapp einen Meter weit entfernt. Für etwas haben wir ja schliesslich Cliffs dabei (ohne zwei Talon-Cliffs ist es unmöglich diese Stelle zu überwinden, so wie es im Topo erwähnt ist). Der Cliff rutscht aber schon beim Setzen immer wieder weg, da das Loch irgendwie verstopft zu sein scheint. Nach dem guten alten Motto "bevor man stürzt, hat man es nicht probiert" stehe ich dann nach geraumer Zeit des Misstrauens (sowohl gegenüber der Kombination Cliff-Fels als auch gegenüber der Kombination Cliff-Mensch) dann doch noch mit vollem Gewicht in der ersten Trittschlinge im Cliff und ohne es zu erwarten hält sich der Talon-Cliff tatsächlich im Loch, uuff! Jetzt nur keine falsche Bewegung. Nach dem auch die zweite Trittschlinge und schliesslich der Fifi-Hook im Cliff plaziert ist, erreiche ich ausgestreckt das nächste Loch mit dem zweiten Cliff. Dieses Loch scheint besser zu sein und bald darauf hänge ich im nächsten Rivet. Erstmaliges Durchatmen, so ein Rivet fühlt sich im Vergleich zu einem Cliff schon als geradezu feudales Placement an. Langsam gewinne ich das Vertrauen und das Tape bleibt am Gurt. Nun noch einmal cliffen, dann folgen nur noch ein Rivet und ein verbogener Schlaghaken, der abgebunden werden kann. Es dauert eine Weile bis ich das sechs Milimeter grosse Bohrloch gefunden habe, doch dann gehts weiter, es beginnt schon fast Spass zu machen :). Nach der Platte folgt noch ein 10 Meter langer Riss, der wieder Plaisir-Gelände darstellt, da wieder Bomber-Placements gelegt werden können. Reto hat dann das grosse Vergnügen ;) den Rivet- und Cliffquergang nachzujümaren, was sich auch als sehr mühsam entpuppt. Der zweite Tag neigt sich nach dem Haulen bereits langsam dem Ende zu und wir entschliessen uns wiederum abzuseilen und es uns am Wandfuss gemütlich zu machen. Zwei Seillängen in einem Tag :). Am dritten Tag machen wir noch die vierte Seillänge. Diese besteht wiederum v.a. aus Keil- und Friendplacements, gefolgt von einem Quergang, bis vor dem Stand noch einmal tüchtig gehämmert werden darf. Während ich noch am nachjümaren bin, hat Reto den Sack schon oben und das Portaledge aufgespannt. Viva el progreso, langsam werden wir schneller und die Stände immer aufgeräumter (Reto sei dank!). Wir geniessen die Aussicht und die Ausgesetztheit, sind beide aber schon ein wenig müde von der vielen Arbeit und entscheiden uns dann für das Abseilen und einen Besuch der Pouletburg in Attinghausen (dies auch v.a. dank Reto :)).
Muja Hedder ist eine gute Tour um die Techno-Kletter-Skills zu verbessern ohne dass man sich gerade an eine hohe Wand begeben muss, sie sei allen empfohlen, die über ein wenig Übung, Kenntnisse der Bigwall-Technik und das geeignete Material verfügen, sich aber noch nicht an eine grosse Wand wagen. Wie wir einmal mehr festgestellt haben, bedarf es einiger Routine und Ordung, dass man beim Bigwallen ein anständiges Tempo hinkriegt, welches für grössere Projekte absolut matchentscheidend ist.
Mit einem feissen Güggeli in der Pouletburg (wer das geheime Rezept der Sauce kennt, in welcher das Güggeli im Holzkörbli schwimmt, der melde sich per Mail, angemessene Belohnung ist versprochen) kann die Zeit der Verklärung der Schwierigkeiten nun anbrechen! VIVA JIM BRIDWELL!