Samstag, 23. April 2011

Eiger Heckmair

Am Montag Nachmittag reisten wir zur Station Eigergletscher um im dortigen Guesthouse zu übernachten. Ausser mir und René machte es sich im Zimmer nebendran noch eine englische Dreierseilschaft gemütlich. Bei uns gab es das mittlerweile zum Standard avancierte Vorabend-Fondue zum Abendessen, während die Engländer sich irgendeine undefinierbare Würstchenbrühe im Jetboil-Kocher zubereiteten. Ihren Kommentar zu den Amerikanern die draussen biwakierten um am nächsten Tag die Eiger-Westflanke zu befahren lautete: "They're damn real swiss". Wir nahmen es lächelnd zur Kenntnis und offerierten ihnen einen Bissen, welchen sie nicht ablehnten. Echt lustige Berggänger waren das!

Am anderen Morgen gingen wir kurz nach den Engländern los, so dass wir etwas um vier Uhr beim Einstieg der Wand waren. Vor uns waren 2 Seilschaften und gleich hinter uns folgte noch eine. Den gesamten Vorbau hindurch fanden wir eine gute Spur und bis zum schwierigen Riss war das Gelände auch dank dem vielen Schnee nirgends wirklich schwierig. 




Unmittelbar vor dem schwierigen Riss ging es dann ziemlich stark hin und her bis man sich im 45-Meter-Quergang befindet der zum ersten Stand des schwierigen Risses führt.



Beim schwierigen Riss geht es zum ersten Mal richtig zur Sache - mit Handschuhen liess sich diese Länge nicht wirklich entspannt klettern - aber René gelang die Stelle gut und so waren wir kurze Zeit später schon unterwegs Richtung Hinterstoisser-Quergang.






Es wird einem im Angesicht der fast senkrecht grifflosen Kalkplatten bewusst, was Hinterstoisser und später die Erstbegeher für eine Leistung vollbracht haben müssen, um diese Stelle zu passieren. Mit den Fixseilen  ging es fix. Vom Schwalbennest war nicht viel zu erkennen, es war total mit Schnee gefüllt. Eine kurze Querung im Fels führte uns auf das erste Eisfeld und eine Seillänge später befanden wir uns im Eisschlauch, der sich überhaupt nicht absichern liess, da dass Eis zu dünn war aber dank den Hackspuren und Tritten liess es sich dennoch einigermassen vernünftig klettern.




Das zweite Eisfeld zog sich ziemlich in die Länge aber die guten Spuren machten das Gehen angenehm.




Eine mühsame Stelle im Fels führte uns in der Folge auf das Bügeleisen und dann weiter ins Todesbiwak. Angesichts der luxuriösen Platz- und Ausstattungsverhältnisse überlegten wir uns kurz schon hier unser Biwak zu machen. Es war ca. 14.30, wir beschlossen noch weiter zu gehen, wenn möglich bis vor den Götterquergang. Das sich die Rampe so in die Länge ziehen würde, damit hatten wir da noch nicht gerechnet.


                                                                           
Die verbleibenden 3-4 Stunden wollten wir nutzen, um noch möglichst weit zu kommen, damit wir am nächsten Tag ein bisschen ein weniger strenges Programm haben würden. Wer im Todesbiwak übernachtet, hat fast alle schwierigen Stellen und bedeutend mehr als die Hälfte der Tour am 2. Tag zu klettern. Unser ursprüngliches Ziel - das Biwak vor dem Götterquergang - erreichten wir leider nicht mehr. Die Rampe erwies sich als mühsam und wir kamen zu wenig schnell vorwärts. Mühsame Kamine, welche nicht mit Eis sondern höchstens mit Schnee zugekleistert waren, benötigten ziemlich viel Zeit um geklettert zu werden. Meine Isomatte aussen am Rucksack, machte mir diese Art von Kletterei zu keinem grossen Vergnügen. Zudem merkten wir bereits langsam, dass wir schon mehr als 10 Stunden in der Wand unterwegs waren, Müdigkeit stellte sich ein.  Wir beschlossen mit dem unbequemen Spanierbiwak in der Rampe vorlieb zu nehmen. 


Ca. 1,5h verbrachten wir damit, einen  einigermassen angenehmen Platz für beide einzurichten. Der griesige Schnee erleichterte uns die Arbeit nicht. Den restlichen Abend verbrachten wir damit, Schnee zu schmelzen und zu schauen, dass uns nichts runter fällt :). Da ich nicht zu viel Material durch die Wand schleppen wollte, nahm ich meinen Sommerschlafsack und einen Notfall-Biwaksack zum Übernachten mit. Zum Glück war es nicht allzu kalt - wahrscheinlich um die -5 oder -10 Grad - so wurde die Nacht zwar unbequem aber wenigstens fror ich nicht besonders stark.

Am nächsten Morgen zogen wir um 6.30 los. Wir sahen schon seit geraumer Zeit Lichter, die sich ihren Weg den Vorbau hinauf und weiter auf den Eisfeldern bahnten. Der Wasserfallkamin gelang uns flott, danach kam aber eine unangenehme Wartezeit, da uns 2 Bergführer mit ihren Gästen etwas rüde überholten.





Der Risskamin gleich nach dem Wasserfallkamin gestaltete sich fast schwieriger als der Wasserfallkamin, da er mit einer riesigen Schneewächte zugekleckert war, welche über delikates Mixed-Gelände umgangen werden musste. Danach ging es wieder zügiger vorwärts. Das Rampeneisfeld ging sich gut und auch das brüchige Band liess sich bei diesen Verhältnissen ohne Probleme machen. Kurz vor dem brüchigen Riss wurden wir dann vom neuen Speed-Rekordhalter Dani Arnold überholt. Es sah zwar sehr gut und auch schnell aus, wie er das brüchige Band umging und den brüchigen Riss kletterte, doch dass er auf dem Weg zu einem neuen Rekord war, erfuhr ich erst tags darauf von einem Kollegen, der es mir per SMS mitteilte.

Der brüchige Riss hat verhältnismässig gute Griffe ist aber ziemlich steil. Die bereits zurückgelegten Klettermeter machten sich hier bemerkbar und wir sind doch arg ins Schnaufen gekommen an dieser Stelle. Die Biwakplätze vor dem Götterquergang sahen auch nicht wirklich einladend aus, man hätte dort nicht viel mehr Platz gehabt als unten im Spanierbiwak. Den Götterquergang empfand ich als eine der schönsten Stellen der Tour. Wunderbar ausgesetzt ging es in zwei am gestreckten Seil gegangenen Längen rüber zur Spinne. Bei diesem Quergang kann man zwischendurch immer wieder mal eine Zwischensicherung einhängen, was angesicht der Ausgesetztheit nicht schlecht ist. Das Gelände ist mehr heikel als schwierig und man kommt recht schnell voran. In der Spinne hatte es neben dem vielen Blankeis noch eine Linie aus hartem Trittschnee zu gehen, wir kamen also auch hier recht schnell vorwärts. Am oberen Ende der Spinne angekommen, mussten wir zuerst einmal ein paar Minuten pausieren. Der Eisfall, der Richtung Quarzriss führt, entpuppte sich als gefährlich, da ständig Eis und Steine von darüberkletternden Seilschaften niederprasselten. An dieser verstiegen wir uns ein wenig, wir gingen zu weit links zu einem Stand hinauf. Eine kurze Ab- und Rüberkletter-Aktion später befanden wir uns am richtigen Stand und konnten den Quarzriss in Angriff nehmen. Die Fixseile, die zum Corti-Biwak rüberführen, waren bereits sichtbar und schon von den ersten Sonnenstrahlen beschienen. Nix wie rauf! Den Quarzriss empfand ich nochmals brutal anstrengend.

Wahnsinn was die Erstbegeher vor 70 Jahren geleistet haben, ich staune v.a. ab den schieren Schwierigkeiten im Fels, die sie mit einer  vergleichsweise doch sehr spartanischen Ausrüstung meistern mussten. Nach dem Quarzriss und dem Quergang zum Corti-Biwak folgten die Ausstiegsrisse. Über diese lief bereits viel Wasser nach unten, was die Kletterfreude meinerseits nicht unbedingt steigerte. Gerade die erste Seillänge war mental noch einmal ziemlich fordernd, da auf ca. 25-30m keine Zwischensicherung gehängt oder gelegt werden konnte. Aber: Ein bisschen Adrenalin muss sein :). Nach zwei weiteren Seillängen im Fels, folgte das Gipfeleisfeld, welches sich schier ewig in die Länge zog. Es war - dank den Schneefällen von letzter Woche - in einem guten Zustand und so musste ich bis zum Gipfelgrat nur einmal eine Eisschraube setzen. Die letzten Meter auf dem Grat führten uns zum Gipfel. Der Abstieg über die Westflanke war dann noch eine Pflichtübung, langweilig und lang.

Merci vielmal René, für die tolle Tour und dein Engagement - ein über einen längeren Zeitraum geplantes Projekt konnte erfolgreich gemacht werden!

1 Kommentar:

  1. Heya Yves, jetzt gaht's aber ab, Gratulierä! 2x im glichä Monät ufm Eiger - nid schlächt ;-) Ha grad geschter no mitem Röbi plaudered. Ja denn... witer vill Erfolg!
    cheers, Brünu

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